Bereits im April 1798, als Innerschweizer Truppen ins Haslital vorrückten, zeigte sich, dass im Oberland unterschiedliche politische Vorstellungen herrschten. Nach Drohungen von Seiten der Innerschweizer erklärten sich die Haslitaler bereit, sich dem Kampf gegen die neue Ordnung anzuschliessen. Brienz hingegen weigerte sich, und auch Interlaken und das Bödeli sprachen sich für die Helvetische Republik aus. Nach Abzug der Innerschweizer legten sich die Unruhen. Beim Ablegen des Bürgereids für die helvetische Regierung im August 1798 verhielten sich die Distrikte Brienz, Unterseen, Niedersimmental, Saanen und Teile des Distrikts Interlaken loyal, Gemeinden aus anderen Distrikten hingegen verweigerten den Eid, besonders im Obersimmental. In der Folge kam es erneut zu Tumulten. In Thun geschah nichts Derartiges. Die Stadt war der neuen Ordnung gegenüber mehrheitlich positiv eingestellt.
Im April 1799 kam es nach Ausbruch des Zweiten Koalitionskrieges in Teilen des Kantons Oberland, wie in vielen Gebieten der Helvetischen Republik, zu einem grösseren Aufstand. Am 13. April marschierten Aufständische aus den Distrikten Aeschi, Spiez und Frutigen gegen die Kantonshauptstadt Thun, wurden aber auf der Schoren-Allmend von helvetischen Truppen gestoppt. Die anrückende Verstärkung der Aufständischen aus dem Obersimmental, den Lütschinentälern und der Region Interlaken musste unverrichteter Dinge umkehren, da die Kampfhandlungen bereits beendet waren. Mit den Obersimmentalern kam es dann doch noch zu einem Gefecht bei Zweisimmen, da diese sich neu formiert hatten. Etwa 600 Aufständische – «Insurregenten» genannt – wurden gefangen genommen und nach Thun gebracht, allerdings grösstenteils wieder frei gelassen. Die Anführer verlegte man nach Oron (heute Kanton Waadt), doch ihnen gelang die Flucht.37
In diesem Aufstand zeigt sich einmal mehr, dass die Einstellung zur helvetischen Revolution im Kanton Oberland regional stark variierte. Prozentual zu den jeweiligen Bevölkerungszahlen kamen die meisten gefangenen Aufständischen aus Zweisimmen, Oberwil im Simmental, Spiez, Boltigen und Reichenbach im Kandertal. Entgegen der Meinung der damaligen helvetischen Eliten waren kaum Berner Patrizier am Aufruhr beteiligt, obwohl sich manche von ihnen nach der Revolution ins Oberland zurückgezogen hatten. Hauptgründe für den Aufstand waren wohl eher die Entwaffnungen, die Truppenaushebungen im Zuge des Zweiten Koalitionskrieges und die Unzufriedenheit bei der Besetzung der Ämter. Die Anführer wurden zwar vor ein Kriegsgericht gestellt, kamen aber alle mit erstaunlich milden Strafen davon.38
Im April 1800 zog sich Regierungsstatthalter Joneli, der sich mit grossem Elan für den Kanton Oberland eingesetzt hatte, ins Privatleben zurück. Sein Nachfolger, Abraham Rudolf Fischer (1763–1824), Sohn des Besitzers von Schloss Bellerive im Gwatt, strebte die Wiedervereinigung mit dem Kanton Bern an. 1801 legte Napoleon Bonaparte (1769–1821) einen neuen Verfassungsentwurf für die Helvetische Republik vor, der die Wiedervereinigung des Kantons Oberland mit dem Kanton Bern vorsah. Dies war jedoch regional und auch innerhalb der Distrikte keineswegs unumstritten. So befürwortete zum Beispiel das Oberhasli die Restauration der früheren Verhältnisse. In diesem Gebiet war der Einfluss des auch in Thun heimischen Berner Patriziers und Präsidenten der Oberländischen Verwaltungskammer Niklaus Friedrich von Mülinen (1760–1833) gross. Der dritte Staatsstreich von Ende Oktober 1801 schwächte die helvetisch gesinnte Partei im Kanton Oberland, denn die pro-helvetischen Unterstatthalter – im damaligen Kontext wurden sie «patriotisch» genannt – wurden durch Anhänger der altbernischen Ordnung ersetzt. In Thun übernahm Christian Friedrich Anneler (1741–1811) den Posten von Johannes Deci. Die Unterstützer der Wiedervereinigung mit Bern brachten vor allem wirtschaftliche und materielle Gründe vor. Die Thuner Bevölkerung befürwotete weiterhin mehrheitlich einen eigenen Kanton Oberland. Dabei ging es nicht zuletzt auch um den Statusverlust, weil die Stadt nicht mehr Kantonshauptort war. 1802, im sogenannten Stecklikrieg, einem Aufmarsch der föderalistisch gesinnten Opposition, marschierten auch oberländische Einheiten mit. Dieser Kriegszug bewirkte, dass die helvetische Regierung sich nach dem Abzug der französischen Truppen vorübergehend nach Lausanne zurückziehen musste.39