BERNISCHE LANDSTADT ODER KANTONSHAUPTORT?
Gerrendina Gerber-VisserBild unten: Thun um 1800, Ausschnitt einer zeitgenössischen Radierung, vermutlich von Samuel Weibel (1771–1846). Nicht alle Gebäude standen innerhalb der Stadtmauern, einzelne zu Thun gehörige Wohnhäuser befanden sich im «innern Burgernzihl» (beispielsweise Schwäbis, Bernstrasse) oder im «aussern Burgernzihl» (beispielsweise Frutigenstrasse, Allmend). Der Begriff Burgernziel stammt aus dem Spätmittelalter und bezeichnet ein ausserhalb der Mauern gelegenes Gebiet, das in Thun seit 1366 dem Stadtrecht unterstellt war.
Helvetik und Mediation in Thun
Die ruhige bernische Untertanenstadt Thun erlebt um 1800 nach dem Einmarsch der Franzosen turbulente Zeiten. 1798, bei der Gründung der Helvetischen Republik, wird Thun Hauptort des von der ehemaligen Republik Bern abgetrennten Kantons Oberland. Im Schloss residiert neu der helvetische Regierungsstatthalter; französische Soldaten werden einquartiert. Doch bereits nach wenigen Jahren, nämlich 1803, erlässt der inzwischen zum ersten Konsul aufgestiegene Napoleon die sogenannte Mediationsakte. Die Souveränität der Kantone wird teilweise wiederhergestellt und der Kanton Oberland wieder dem Kanton Bern zugeschlagen. Während der Helvetik und beim Ende der Mediation kommt es im Oberland 1798, 1799 und 1814 zu bewaffneten Aufständen. Die Epoche ist für Thun aber auch eine Zeit des wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Aufbruchs: Ausländer entdecken die Stadt als Tourismusziel, Thun organisiert sein Schulwesen neu und die lokalen Eliten erlangen erstmals Partizipationsmöglichkeiten auf staatlicher Ebene.